“Manche werden nie erwachsen”

Dies hat mal ein Freund über Micha gesagt. Es war nicht böse gemeint, auch wenn es einen negativen Klang hatte. Aber genau dafür habe ich Micha ja so gemocht: Weil er nicht so richtig erwachsen wurde, im negativen Sinn. Er konnte oft so fröhlich sein, wie ein Kind, manchmal tanzte und sang er in der Wohnung. Am Liebsten Schlager von Helene Fischer und Heino, vor allem um mich zu ärgern. Denn normalerweise hörte er diese Musik natürlich nicht.

Man konnte Micha leicht begeistern, wenn man ihn irgendwo hin einlud: Zu McDonalds, zu einem Fototermin. Und wie ein Kind war er manchmal auch eingeschnappt, wenn er seinen Willen nicht bekam. Aber das ging immer schnell vorbei, er war nicht nachtragend.
Im Laufe der Jahre wurde er etwas ruhiger. Seine Arbeit bei Netto und im Rettungsdienst bewiesen, dass er zuverlässig sein konnte, wenn er wollte. Für mich war das die schönste Zeit mit ihm.

Als der Tumor bösartig wurde, änderte sich viel. Nach und nach verschwand das Fröhliche aus Micha, er wurde ernster. Auch weil er wusste, dass er wohl nicht mehr lange leben würde. Trotzdem setzte er sich noch Ziele: Unbedingt wollte er noch 1.000 Patches zusammen bekommen, er schrieb alle möglichen Wachen an, auch seine Mama und ich besorgten welche. Leider ist er nur bis auf 280 gekommen. Und auch seinen geplanten Kurzurlaub an der Nordsee hat er nicht mehr erlebt.

Selbst im Angesicht seines Endes, mit Schmerzen und ohne Kraft, war Micha noch aktiv. Er wollte sich gerne an dem Lauf der Feuerwehrleute von Amsterdam nach Berlin beteiligen, mit dem Geld für krebskranke Kinder gesammelt wurde. Wir hatten geplant, dass ich ihn mit Freunden von der Berliner Stadtgrenze im Rollstuhl bis zum Brandenburger Tor schiebe. Doch er starb einige Stunden, bevor der Lauf Berlin erreichte.
Micha war für mich ein Vorbild in der Hinsicht, nicht alles zu eng zu sehen und zu ernst zu nehmen. Auch das wird von ihm bleiben.